Eine Lohnpfändung bedeutet für Arbeitgeber zusätzlichen Aufwand und rechtliche Verantwortung. In diesem Leitfaden erfahren Sie, wie der Pfändungsprozess abläuft, welche Pflichten Sie haben und wie Sie Fehler vermeiden.
Eine Lohnpfändung ist ein rechtliches Instrument, das Gläubigern erlaubt, direkt auf das Arbeitseinkommen eines Schuldners zuzugreifen, um ausstehende Schulden zu begleichen. Dieses Verfahren wird typischerweise dann initiiert, wenn ein Schuldner trotz wiederholter Aufforderungen und Mahnungen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Die Pfändung erfolgt auf Basis eines gerichtlichen Beschlusses – des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses –, der dem Arbeitgeber des Schuldners zugestellt wird. Ab diesem Zeitpunkt ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Teil des Gehalts des Arbeitnehmers direkt an den Gläubiger zu überweisen.
Die Höhe des pfändbaren Teils des Einkommens richtet sich nach der Pfändungstabelle und ist abhängig vom Nettoeinkommen des Schuldners sowie von seinen Unterhaltspflichten. Bestimmte Einkommensanteile, wie z.B. das Urlaubsgeld oder Spesen, können unter Umständen von der Pfändung ausgenommen sein, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Ziel des Verfahrens ist es, eine gerechte Verteilung der finanziellen Mittel des Schuldners zu gewährleisten, sodass sowohl die Interessen des Gläubigers befriedigt werden als auch der Lebensunterhalt des Schuldners und seiner Unterhaltsberechtigten gesichert bleibt.
Die Durchführung einer Lohnpfändung bedarf sorgfältiger Planung und Beachtung gesetzlicher Vorgaben, um sowohl die Rechte des Schuldners als auch die Pflichten des Arbeitgebers zu wahren. Es ist ein Prozess, der nicht nur finanzielle, sondern auch emotionale Belastungen für alle Beteiligten mit sich bringen kann, und erfordert daher einen sensiblen Umgang sowie das Bewusstsein für die rechtlichen Rahmenbedingungen und Schutzmechanismen, die innerhalb dieses Verfahrens zur Anwendung kommen.
Der Pfändungsprozess beim Arbeitgeber
Wenn eine Lohnpfändung rechtskräftig wird, sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, aktiv zu werden. Der gesamte Prozess ist klar geregelt und umfasst mehrere aufeinanderfolgende Schritte, bei denen Arbeitgeber bestimmte Pflichten und Fristen einhalten müssen.
1. Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
Der Pfändungsprozess beginnt mit dem Eingang eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der durch das zuständige Amtsgericht an den Arbeitgeber (als sogenannten Drittschuldner) übermittelt wird. Dieses Dokument verpflichtet den Arbeitgeber zur Umsetzung der Lohnpfändung.
2. Prüfung der Unterlagen
Nach Erhalt des Beschlusses muss der Arbeitgeber prüfen:
Ob Unterhaltspflichten oder Freibeträge zu berücksichtigen sind
3. Berechnung des pfändbaren Betrags
Die Berechnung des pfändbaren Einkommens erfolgt auf Basis der aktuellen Pfändungstabelle. Dabei sind gesetzlich geschützte Freibeträge zu beachten. Eine fehlerhafte Berechnung kann zu rechtlichen Konsequenzen führen.
4. Abführung an den Gläubiger
Der ermittelte pfändbare Betrag wird monatlich vom Lohn einbehalten und direkt an den Gläubiger überwiesen – nicht an den Arbeitnehmer. Die Abführung erfolgt so lange, bis die Forderung getilgt ist oder der Beschluss widerrufen wird.
5. Informationspflichten & Dokumentation
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Gericht und Gläubiger auf Anfrage Auskunft über das Arbeitsverhältnis und bestehende Pfändungen zu geben. Alle Maßnahmen sind schriftlich zu dokumentieren, um Nachweise bei Rückfragen vorlegen zu können.
Berechnung und Umfang der Lohnpfändung
Die korrekte Berechnung des pfändbaren Einkommens ist für Arbeitgeber entscheidend, um rechtssicher zu handeln und finanzielle Nachteile zu vermeiden. Dabei gelten gesetzliche Vorgaben, die jährlich angepasst werden.
💶 Was darf gepfändet werden?
Grundsätzlich ist nur ein Teil des Nettoeinkommens pfändbar. Unterschieden wird zwischen pfändbaren und unpfändbaren Gehaltsbestandteilen:
✅ Pfändbare Bestandteile:
Grundgehalt (nach Abzug der Sozialabgaben und Steuern)
Die Berechnung erfolgt anhand der Pfändungstabelle gemäß § 850c ZPO, die jährlich durch das Bundesjustizministerium aktualisiert wird. Die Tabelle berücksichtigt:
Das monatliche Nettoeinkommen
Die Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen
Die gesetzlich festgelegten Pfändungsfreigrenzen
👉 Beispiel (Stand 2025): Nettoeinkommen: 2.000 €
Anzahl der Unterhaltspflichten: 2
Pfändbarer Betrag: ca. 161,89 € pro Monat
Dieser Betrag wurde gemäß der Pfändungstabelle 2024/2025 berechnet, die vom 1. Juli 2024 bis zum 30. Juni 2025 gültig ist.
Bitte beachten Sie, dass die Pfändungsfreigrenzen jährlich angepasst werden. Für die aktuellsten Informationen sollten Sie stets die neueste Pfändungstabelle konsultieren
Hier ist eine visuell aufbereitete Pfändungstabelle 2025 (Auszug), basierend auf dem Stand vom 1. Juli 2024 bis 30. Juni 2025. Sie zeigt beispielhaft die pfändbaren Beträge in Abhängigkeit vom Nettoeinkommen und der Anzahl der Unterhaltspflichten.
Nett-einkommen (€)
0 Unterhalts-pflichten
1 Unterhalts-pflichten
2 Unterhalts-pflichten
3 Unterhalts-pflichten
1399
0.0
0.0
0.0
0.0
1499
0.0
0.0
0.0
0.0
1599
30.08
0.0
0.0
0.0
1699
100.58
30.08
0.0
0.0
1799
171.08
100.58
30.08
0.0
1899
241.58
171.08
100.58
30.08
1999
305.66
241.58
171.08
100.58
2099
374.66
305.66
241.58
171.08
🔁 Mehrere Pfändungen & Rangfolge
Wenn mehrere Pfändungen gleichzeitig vorliegen, gilt eine gesetzliche Rangfolge. Der Arbeitgeber muss prüfen, welcher Gläubiger Vorrang hat und die Verteilung entsprechend vornehmen. Der Gesamtpfändungsbetrag bleibt jedoch auf die zulässige Grenze begrenzt.
🛠 Tools zur Unterstützung
Für die Berechnung stehen Arbeitgebern verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung:
HR-Softwarelösungen mit automatisierter Pfändungsfunktion
Fachliche Beratung durch Lohnbuchhalter oder Steuerberater
Ist eine Lohnpfändung ein Kündigungsgrund?
Nein, eine Lohnpfändung allein ist grundsätzlich kein rechtlich zulässiger Kündigungsgrund.
Arbeitnehmer haben ein Recht auf Privatleben und wirtschaftliche Selbstverantwortung. Eine Lohnpfändung sagt zunächst nichts über die Arbeitsleistung oder das Verhalten im Job aus – sie betrifft ausschließlich das private Vermögen.
⚖️ Arbeitsrechtliche Einordnung:
Eine Kündigung ausschließlich wegen einer Lohnpfändung kann gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verstoßen.
Ausnahmefälle: Wenn es durch häufige oder mehrere Pfändungen zu betriebsstörenden Auswirkungen kommt (z. B. hoher Verwaltungsaufwand, wiederholte Beschlagnahmen), kann im Einzelfall eine verhaltensbedingte Kündigung nach Abmahnung zulässig sein.
Fazit für Arbeitgeber:
Behalten Sie die Verhältnismäßigkeit im Blick. Prüfen Sie im Zweifel individuelle Fälle mit einem Arbeitsrechtler, bevor arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet werden.
Fazit: Lohnpfändung rechtssicher und effizient umsetzen
Für Arbeitgeber ist die Lohnpfändung mehr als nur ein bürokratischer Vorgang – sie bringt rechtliche Verantwortung und einen erhöhten Verwaltungsaufwand mit sich. Umso wichtiger ist es, den Prozess korrekt, fristgerecht und transparent zu gestalten.
Mit dem richtigen Verständnis für pfändbare Gehaltsbestandteile, der korrekten Anwendung der Pfändungstabelle und einer klaren Kommunikation mit allen Beteiligten können Sie Haftungsrisiken vermeiden und gleichzeitig Ihre Lohnbuchhaltung effizient gestalten.
Häufig gestellte Fragen
Sie sind gesetzlich verpflichtet, den pfändbaren Lohnanteil korrekt zu berechnen und fristgerecht an den Gläubiger zu überweisen. Zudem müssen Sie dem Gläubiger Auskunft über das Arbeitsverhältnis geben.
Die Höhe des pfändbaren Betrags hängt vom monatlichen Nettoeinkommen und der Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen ab. Maßgeblich ist die Pfändungstabelle nach § 850c ZPO, die jährlich angepasst wird – aktuell gültig ab 1. Juli 2024 (Stand 2025).
Beispiel (Stand 2025):
Nettoeinkommen: 2.000 €
1 unterhaltspflichtige Person
➝ Pfändbarer Betrag: 304,66 € / Monat
Der unpfändbare Grundbetrag liegt derzeit bei 1.402,28 € (ohne Unterhaltspflichten). Je nach familiärer Situation erhöht sich dieser Betrag entsprechend.
Unpfändbar sind z. B. Aufwandsentschädigungen, Spesen, Kindergeld, Urlaubsgeld sowie andere Sozialleistungen und zweckgebundene Zahlungen.
Liegen mehrere Pfändungen vor, muss der Arbeitgeber die gesetzliche Rangfolge beachten. Nur der maximal pfändbare Betrag darf einbehalten und anteilig verteilt werden.
Ja. Wird eine Lohnpfändung nicht oder fehlerhaft umgesetzt, kann der Arbeitgeber als Drittschuldner für den entstandenen Schaden haften – z. B. gegenüber dem Gläubiger.
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