Ein Arbeitsunfall kann schnell passieren – sei es durch einen unglücklichen Sturz oder durch eine langfristige Berufskrankheit. In solchen Fällen hast du das Recht auf Verletztengeld. Diese Leistung hilft dir, dein Einkommen zu sichern, während du aufgrund von Arbeitsunfähigkeit nicht arbeiten kannst. Ab wann du Verletztengeld erhältst, wie lange es gezahlt wird, und welche Voraussetzungen du erfüllen musst, erklären wir dir in diesem Beitrag. Auch Themen wie Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben und die Rolle der Berufsgenossenschaften werden wir beleuchten, damit du umfassend über deine Rechte und Pflichten Bescheid weißt.
Rechtliche Grundlagen des Verletztengeldes
Das Verletztengeld ist eine wichtige Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung, die Arbeitnehmern bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit finanziell unterstützt. Die Grundlage für das Verletztengeld bildet das SGB VII (Siebtes Sozialgesetzbuch), insbesondere § 45 SGB VII, der die Voraussetzungen und den Anspruch genau regelt. Das Verletztengeld wird gezahlt, sobald die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber nach sechs Wochen endet und die Arbeitsunfähigkeit weiterhin besteht. Es wird in der Regel von der Berufsgenossenschaft oder einem anderen Unfallversicherungsträger gezahlt und orientiert sich am vorherigen Arbeitsentgelt beziehungsweise Arbeitseinkommen.
Das Verletztengeld stellt eine Lohnersatzleistung dar und wird für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, bis der oder die Verletzte entweder wieder arbeitsfähig ist oder eine andere Maßnahme wie die Rehabilitation oder Teilhabe am Arbeitsleben beginnt. So sorgt das Verletztengeld dafür, dass versicherte Personen während ihrer Arbeitsunfähigkeit finanziell abgesichert sind.
Unterschiede zwischen Verletztengeld und Krankengeld
Das Verletztengeld und das Krankengeld sind beides Leistungen, die eine finanzielle Absicherung während einer Arbeitsunfähigkeit bieten. Der wesentliche Unterschied liegt jedoch in der Ursache der Arbeitsunfähigkeit: Während das Krankengeld bei Erkrankungen, die keinen Bezug zur Arbeit haben, von der Krankenversicherung gezahlt wird, greift das Verletztengeld bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit. Hier springt die gesetzliche Unfallversicherung ein, meist in Form der zuständigen Berufsgenossenschaften.
Ein weiterer Unterschied besteht in der Berechnung der Höhe der Leistungen. Das Verletztengeld richtet sich nach dem vorherigen Arbeitsentgelt beziehungsweise Arbeitseinkommen und beträgt 80 % des regelmäßigen Bruttoentgelts. Beim Krankengeld hingegen wird nur 70 % des Bruttoverdienstes gezahlt, maximal jedoch 90 % des Nettoarbeitsentgelts.
Auch in der Dauer der Zahlung gibt es Unterschiede: Das Krankengeld wird für maximal 78 Wochen gezahlt, während das Verletztengeld bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit oder bis zu einer erfolgreichen Rehabilitation weiterläuft.
Voraussetzungen für den Anspruch auf Verletztengeld
Damit du Anspruch auf Verletztengeld hast, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss ein Arbeitsunfall oder eine anerkannte Berufskrankheit vorliegen. Das bedeutet, dass der Unfall während der beruflichen Tätigkeit oder auf dem Weg zur oder von der Arbeit passiert sein muss. Auch bestimmte Berufskrankheiten, die durch die berufliche Tätigkeit verursacht wurden, sind abgedeckt. In beiden Fällen greift die gesetzliche Unfallversicherung.
Weiterhin ist entscheidend, dass eine ärztlich bestätigte Arbeitsunfähigkeit besteht, die über den Zeitraum der regulären Entgeltfortzahlung hinausgeht. Diese erfolgt in der Regel durch den Arbeitgebenden und deckt die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit ab. Danach springt die Unfallversicherung mit der Zahlung des Verletztengeldes ein. Der Anspruch besteht also ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass du gesetzlich unfallversichert bist. Zu den versicherten Personen gehören Arbeitnehmern, Auszubildende, Ehrenamtliche und sogar Schülern und Studierende. Selbständige und Freiberuflern müssen sich in der Regel freiwillig versichern, um einen Anspruch auf Verletztengeld zu haben.
Die ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer muss rechtzeitig bei der zuständigen Unfallversicherung oder Berufsgenossenschaft eingereicht werden, um den Anspruch geltend zu machen.
In welchen Situationen wird Verletztengeld gewährt?
Das Verletztengeld wird in vielen Situationen gezahlt, in denen Arbeitnehmern aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit arbeitsunfähig werden. Ein klassisches Beispiel ist ein Betriebsunfall auf einer Baustelle, bei dem ein Bauarbeiter stürzt und sich so schwer verletzt, dass er oder sie mehrere Wochen arbeitsunfähig ist. Sobald die sechswöchige Fortzahlung des Entgelts durch die Firma endet, greift das Verletztengeld und sichert den Verdienstausfall ab.
Auch Unfälle im Büro, etwa wenn ein Angestellter auf einer nassen Stelle ausrutscht und sich dabei verletzt, können zu einem Anspruch auf Verletztengeld führen, sofern die Arbeitsunfähigkeit länger als sechs Wochen dauert. Ein weiteres Beispiel ist der Verkehrsunfall auf dem Arbeitsweg. Solche Wegeunfälle sind ebenfalls über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert, und Betroffene können Verletztengeld erhalten, wenn sie länger nicht arbeiten können.
Bei Berufskrankheiten wird Verletztengeld ebenfalls gewährt. Ein Beispiel hierfür ist eine Erkrankung durch das dauerhafte Einatmen von Schadstoffen in einem Industriejob, die zu einer chronischen Atemwegserkrankung führt. Auch hier greift das Verletztengeld, sobald die Arbeitsunfähigkeit eintritt und die Entgeltfortzahlung endet.
In all diesen Fällen sorgt das Verletztengeld für finanzielle Sicherheit, bis eine Rehabilitation oder die Rückkehr zur Arbeit möglich ist.
Wie wird das Verletztengeld berechnet?
Die Berechnung des Verletztengeldes richtet sich nach deinem bisherigen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Es beträgt 80 % des regelmäßig erzielten Bruttoentgelts vor dem Betriebsunfall oder der Erwerbskrankheit. Dabei sind jedoch bestimmte Abzüge zu berücksichtigen: Beiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung werden einbehalten. Das Verletztengeld darf aber nicht höher sein als das normale Nettoarbeitsentgelt, das du ohne die Arbeitsunfähigkeit erhalten hättest.
Für die Berechnung wird das Arbeitsentgelt aus einem bestimmten Zeitraum vor dem Unfall herangezogen, meist die letzten vier Wochen vor der Arbeitsunfähigkeit. Dabei werden auch regelmäßige Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld mit einbezogen.
Selbständige, die freiwillig unfallversichert sind, erhalten das Verletztengeld auf Basis ihres versicherten Einkommens. Bei ihnen gelten ähnliche Berechnungsregeln.
Das Verletztengeld wird ab dem ersten Tag nach Ende der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgebenden gezahlt und läuft bis zum letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit, maximal jedoch bis zur Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit oder bis eine andere Maßnahme greift.
Verletztengeld nach § 45 SGB VII konkret
Ein Beispiel zur Berechnung des Verletztengeldes nach § 45 SGB VII: Verdient ein Arbeitnehmer monatlich 3.000 Euro brutto, wird das Verletztengeld auf 80 % dieses Betrags berechnet. Das ergibt 2.400 Euro. Von diesem Betrag werden die Beiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung abgezogen, sodass der Nettobetrag meist etwas niedriger ausfällt.
Bei Selbständigen, die freiwillig versichert sind, wird das Verletztengeld anhand des zuvor versicherten Einkommens berechnet. Beispiel: Bei einem versicherten Einkommen von 2.000 Euro brutto, erhält der oder die Betroffene 1.600 Euro Verletztengeld.
Schritte zur Beantragung von Verletztengeld
Um Verletztengeld zu beantragen, musst du einige Schritte beachten. Zunächst ist es wichtig, dass der Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit unverzüglich dem Arbeitgeber gemeldet wird. Dieser leitet den Unfall dann an die zuständige Berufsgenossenschaft oder einen anderen Unfallversicherungsträger weiter.
Als nächstes solltest du eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer einholen. Diese Bescheinigung wird auch als Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bezeichnet und muss sowohl deinem Arbeitgeber als auch der Unfallversicherung vorgelegt werden.
Die zuständige Unfallversicherung wird dich dann über den Anspruch auf Verletztengeld informieren und dir alle erforderlichen Unterlagen zukommen lassen. In den meisten Fällen wird das Verletztengeld automatisch durch den Unfallversicherungsträger ausgezahlt, sobald die sechs Wochen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgebenden abgelaufen sind.
Es ist wichtig, alle notwendigen Dokumente und Nachweise fristgerecht einzureichen, damit die Bearbeitung und Auszahlung des Verletztengeldes reibungslos verläuft. Solltest du Schwierigkeiten haben, helfen dir auch die Berufsgenossenschaften oder deine Krankenkasse bei der Antragstellung.
Typische Herausforderungen bei der Beantragung von Verletztengeld und wie du sie vermeidest
Bei der Beantragung von Verletztengeld können verschiedene Herausforderungen auftreten. Ein häufiger Fehler ist, den Betriebsunfall oder die Erwerbskrankheit nicht sofort dem Arbeitgebenden zu melden. Verzögerungen bei der Meldung können dazu führen, dass der Versicherungsfall nicht anerkannt wird. Deshalb solltest du sicherstellen, dass der Unfall direkt gemeldet und dokumentiert wird.
Ein weiterer häufiger Fehler ist das verspätete Einreichen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diese muss rechtzeitig sowohl bei deiner Firma als auch bei der Unfallversicherung oder der zuständigen Berufsgenossenschaft vorliegen, um den Anspruch auf Verletztengeld zu sichern.
Missverständnisse bei der Berechnung des Verletztengeldes, etwa durch unvollständige oder fehlerhafte Angaben zum Arbeitseinkommen oder Arbeitsentgelt, können ebenfalls zu Problemen führen. Hier ist es ratsam, die Einkommensnachweise sorgfältig zu überprüfen und korrekt bei der Versicherung einzureichen.
Um diese Fehler zu vermeiden, solltest du alle Fristen beachten, dich frühzeitig über die Voraussetzungen informieren und bei Unklarheiten die Hilfe der Unfallversicherung oder deiner Krankenkasse in Anspruch nehmen. So stellst du sicher, dass dein Antrag reibungslos bearbeitet wird.
Tipps, wie Arbeitgeber ihre Mitarbeiter beim Verletztengeld unterstützen können
Als Arbeitgeber kannst du deine Mitarbeiter:innen bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit aktiv unterstützen und den Prozess der Verletztengeld-Beantragung erleichtern. Ein wichtiger Schritt ist, den Unfall oder die Erkrankung unverzüglich bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder der Unfallversicherung zu melden. Eine schnelle und korrekte Meldung beschleunigt den Ablauf und sichert den Anspruch auf Verletztengeld für die betroffene Person.
Zusätzlich solltest du sicherstellen, dass deine Mitarbeitern über ihre Rechte und den Prozess zur Beantragung von Verletztengeld informiert sind. Hilfreich kann es sein, Anleitungen oder Checklisten bereitzustellen, damit keine wichtigen Fristen oder Dokumente übersehen werden.
Auch die rechtzeitige Ausstellung der Entgeltfortzahlung und die Übergabe aller relevanten Unterlagen, wie Lohnnachweise, tragen zur schnellen Bearbeitung durch die Unfallversicherung bei. Unterstütze deine Mitarbeitern zudem bei der Einreichung der notwendigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und kläre eventuelle Rückfragen mit der Berufsgenossenschaft.
Eine transparente Kommunikation und gute Zusammenarbeit zwischen dir, den Betroffenen und der Versicherung sorgt dafür, dass die Auszahlung des Verletztengeldes reibungslos verläuft.
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